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Bluttest hat mit Vorsorge nichts zu tun

Initiativen befürchten mehr gesellschaftliche Kälte

Schon länger gibt es Bluttests in der Frühschwangerschaft (ab 9. Woche), die das Downsyndrom und andere genetische Abweichungen anzeigen können. Diese Tests werden als "nicht invasiv" bezeichnet, weil nur das mütterliche Blut getestet wird. Ab 1. Juli 2022 wird der Test nun für alle Eltern finanziert, die es wollen. Alle Versicherte müssen für die Kosten aufkommen. Darum geht uns das alle an.  Eine Gruppe im G-BA (1) hat durchgesetzt, dass dieser Bluttest (NiPT = Nichtinvasiver Pränatal Test) allen schwangeren Frauen kostenlos angeboten werden soll. Mit dem Test verdienen alle Arztpraxen und die Hersteller Geld. Der Test dient nicht der Heilung, sondern der Aussortierung.

Dagegen gibt es heftigen Widerstand seitens vieler Organisationen. Sie argumentieren, dass der NIPT das gesellschaftliche Klima verändern würde und gegen die Behinderten-Konvention der Vereinten Nationen verstößt. Es sei ein falsches Signal gegenüber allen Menschen mit Beeinträchtigung.  Ohne breite öffentliche Diskussion und Konsens könne kein solch weitreichender Beschluss gefasst werden.

Ein fatales Signal, meint auch Kathrin Braun. Sie lehrt am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien und forscht vor allem zur Biopolitik. "Aussieben von Leben" lautet ihr Artikel in der Süddeutschen Zeitung.  

Siehe auch unseren Beitrag Bluttest (NIPT) – Falsch positive Ergebnisse beunruhigen
Insbesondere gibt es bei jungen Frauen eine hohe Zahl (30-50 %) falsch-positiver Testergebnisse. D. h., obwohl das Kind keine genetische Abweichung hat, zeigt das Testergebnis eine Wahrscheinlichkeit an. Endgültige Sicherheit gibt es dann nur noch durch den risikoreichen Eingriff einer Fruchtwasserpunktion.
Die Folgen für das Kind können gravierend sei: Es kann durch den invasiven Test geschockt werden und es kommt zu einer Fehlgeburt, es verliert durch Spätabbruch sein Leben, es überlebt die stressvolle Zeit zusammen mit seinen gestressten Eltern.
Wir wünschen Eltern alles andere als solch eine Schwangerschaft, die allein durch diese Testmethode des Gesundheitsmarktes verursacht wird und die nichts mit Vorsorge zu tun hat.    

(1) G-BA = Gemeinsamer Bundesausschuss = höchstes Gremium in Deutschland, das beschließen kann, welche medizinischen Leistungen von den Krankenkassen bezahlt werden.

10/2022