Diabetes-Screening – Kritik von Frauengesundheitszentren bleibt
Kostenlose Reihenuntersuchung
Erklärung zur Einführung eines Screenings auf Gestationsdiabetes 29.9.2011
Wir sprechen uns gegen die geplante Einführung eines generellen Screenings auf Gestationsdiabetes an schwangeren Frauen aus. Grundlage unserer Stellungnahme ist die Relevanz der zu erwartenden Ergebnisse im Verhältnis zu einem weiteren Diagnoseverfahren während der Schwangerschaft.
In der Fachwelt wird der derzeitige Umgang mit Schwangerschaft und Geburt kritisch diskutiert. Der mit vorgeburtlichen Untersuchungen und Tests einhergehende Umgang mit schwangeren Frauen hat das Schwangerschaftserleben grundlegend verändert, produziert Angst, Stress und Unsicherheit. Unklare Befunde führen zu einer Kaskade von Folgeuntersuchungen, die als stark belastend empfunden werden. Wesentliche Faktoren wie z.B. genügend Zeit (wird von den Kassen leider nicht entsprechend der Wichtigkeit honoriert) der Gynäkologe/in und Hebamme für die Schwangere, ausreichende Aufklärung und Betreuung, sind eine wichtige Forderung in Fachkreisen.
Ein generelles Screening ist eine Reihenuntersuchung an allen, d.h. auch an gesunden Frauen. Der Nutzen, wirtschaftlich als auch gesundheitlich, muss den Schaden, der durch das Screeningverfahren entsteht, überwiegen. Diesen überwiegenden Nutzen sehen wir in den weltweit diskutierten Studien als Grundlage für ein Screening auf Gestationsdiabetes für die betroffenen Frauen als nicht gegeben.
Zum Thema der Folgenabschätzung für Mutter und Kind durch ein (zu) hohes Maß an Therapie nach Gestationsdiabetes- (GDM) Diagnostik weist das IQWiG auf folgenden wichtigen Punkt hin: „Schäden durch eine GDM-spezifische Therapie wurden in den Studien nicht explizit untersucht und infolgedessen auch nicht berichtet.“ (IQWiG 2009, Seite V)
Nach einer Veröffentlichung der KVB, in ihrer Reihe Studien im Fokus Nr.1/10 zur ACHOIS-Studie (Crowther 2005, Australien) zur Betrachtung der Endpunkte zeigt sich, dass in der Interventionsgruppe signifikant häufiger (71 versus 61) eine Verlegung auf die Intensivstation stattfand. Ebenso gab es häufiger Geburtseinleitungen (189 gegenüber 150), womit sich die Frage einer Übertherapie stellt. In der HAPO Studie zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Erstkaiserschnitt und Blutzuckerwerten. Einen Therapienutzen haben Frauen mit ausgeprägter Glukosetoleranzstörung (Crowther), für Frauen mit mäßig erhöhten Blutzuckerwerten wurde der Nutzen der Therapie bis jetzt nicht nachgewiesen (Landon 2009).
Inzwischen wird in Teilen Deutschlands schon mit Screenings, die als IGe-Leistung angeboten werden und die mit unterschiedlichen Zahlen und Tests operieren, gearbeitet. Wir sind der Meinung, dass hier ein einheitliches und standardisiertes Vorgehen sehr wichtig ist, sehen die Lösung jedoch nicht in einem bundesweiten Screening. Schäden sind bis jetzt nicht untersucht worden, anekdotische Evidenzen zeigen aber, dass sie existieren (psychische Belastung, hypotrophe Kinder, Interventionskaskaden.)
Die Zeit der Schwangerschaft sind neun Monate im Leben einer Frau, die körperlich und seelisch eine große Herausforderung sind, und im Leben ein Höchstmaß an Umstellungen erfordern. Für das heranwachsende Kind ist es der Anfang des Lebens und jeder Eingriff ist für den Körper und die Seele prägend.
Bettina Faulstich
Frauen- und Mädchengesundheitszentrum Nürnberg
Sigrid Schellhaas
Frauengesundheitszentrum Sirona e.V.
Schiersteiner Str.21 65187 Wiesbaden 0611/301694 Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
05/2021