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Außerklini­sche Geburt – Arzt­konsil und Eu­ro­pa­recht

Arztkonsil zu fordern, verstößt gegen Europarecht

Die Vertragspartner nach § 134a SGB V in der Selbstverwaltung der Akteure im Gesundheitswesen (1) haben für die außerklinische Geburtshilfe Bestimmungen beschlossen, die 2025 erneut beraten werden sollen:

Für werdende Eltern gibt es Neuigkeiten, die teilweise rückwirkend ab 1. Juli 2020 gültig sind. Fragen Sie bei Ihrer Hebamme nach.

europaflagge free downloadWichtig: Europäisches Recht schützt den Hebammenberuf in seiner Eigenständigkeit und Unabhängigkeit.
„Nach Artikel 42 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen haben die Mitgliedsstaaten dafür zu sorgen, dass Hebammen u. a. folgende Tätigkeiten gestattet werden:

Die Betreuung einer physiologisch verlaufenden Schwangerschaft, einer physiologisch verlaufenden Geburt sowie eines physiologisch verlaufenden Wochenbettes einschließlich der Durchführung der zur Feststellung eines physiologischen Verlaufs zugehörigen Untersuchungen.
Darüber hinaus gehört die 'Erkennung der Anzeichen von Anomalien bei der Mutter oder beim Kind, die das Eingreifen eines Arztes erforderlich machen' zu den Tätigkeiten der Hebammen."

Geburten von Zwillingen und aus Beckenendlage sind wieder möglich.
„Ist die Präsenz einer Ärztin/eines Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe unter der Geburt sichergestellt, ist eine Geburt aus Beckenendlage sowie die Geburt von Zwillingen im häuslichen Umfeld möglich."

Eine Bestimmung für gesetzlich versicherte Frauen, die ihr Kind außerklinisch zur Welt bringen wollen, lautet: 
„Überschreitung des Termins [gemeint ist der errechnete Mittelwert, genannt ET] 41+0, +/- 2 Tage: [erfordert] fachärztliches Konsil".
Eine außerklinische Geburt ab 42. Woche + 0, wird untersagt.
Indem Hebammen Frauen über diese Forderung informieren, genügen sie ihrer Informationspflicht. 
Die im Dezember 2020 beschlossene S3-Leitlinie „Vaginale Geburt am Termin" (Einleitung, S. 8) sagt, dass die Geburtsreife eines Kindes zwischen der 37. Schwangerschaftswoche + 0 Tage und 41. Schwangerschaftswoche + 6 Tage erreicht wird (37+0 bis 41+6 Tage = 35 Tage). Damit wird gleichzeitig anerkannt, dass der ET (Errechneter Termin) nur einen Mittelwert darstellt. Somit ist unzutreffend, von ET 41 +/- 2 Tage zu sprechen und ein Arztkonsil zu fordern.

Es ist festzuhalten:
An einem festgelegten Datum, der 41. Woche +/- 2 Tage, soll eine Frau, die außerklinisch gebären möchte, zusätzlich eine FachärztIn konsultieren. Dies widerspricht auch der Mutterschaftsrichtlinie (MRL). Es ist eindeutig, dass die MRL nicht die Arbeit der Hebammen regelt, sondern ausschließlich die Arbeit der Ärzte. Darum wurde ein zweideutiger entsprechender Absatz (A7) der Mutterschaftsrichtlinie am 16.2.2023 ersatzlos gestrichen.  Das mit den Krankenkassen verabredete Arztkonsil ist auch wegen der Streichung des A7 hinfällig. 

Für alle Frauen gilt weiterhin das grundgesetzlich verbriefte Recht, sowohl den Geburtsort als auch die Vorsorge dort wahrzunehmen, wo sie es wollen. Artikel 2,2 Grundgesetz besagt, ausgeführt in verfassungsgerichtlichen Urteilen, dass jede/r für die eigene Gesundheit selbst verantwortlich ist.

Auf dem Rücken von hochschwangeren Frauen wird die Berufskompetenz von Hebammen - trotz EU-Recht - untergraben. Ein Beispiel für Ausläufer historisch bedingter Konflikte zwischen den Berufsverbänden der Ärzteschaft und Hebammen. Offen wird gegen EU-Recht verstoßen. Durch die Streichung des missverständlichen A7-Absatzes gibt es hier hoffentlich mehr Klarheit.

Quelle:„Kriterien zu Geburten im häuslichen Umfeld zur Anlage 3 Qualitätsvereinbarung zum Vertrag nach § 134a SGB V".
(1) Die Akteure im Gesundheitswesen, die für schwangere Frauen und Hebammen zuständig sind: GKV-Spitzenverband, der Deutsche Hebammenverband e.V., Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.V., Mitarbeit des Netzwerkes der Geburtshäuser e.V., der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) e.V., des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS).

10/2022

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