Geburtskultur – Was ist das?
Die Ankunft eines kleinen Menschen würdigen
In jedem Land der Erde wird die Geburt eines Kindes anders gefeiert, gewürdigt, herrschen andere Gepflogenheiten. Gleich bleibt weltweit, dass sich Kinder nach archaischen Prinzipien im Körper der Frau entwickeln und geboren werden. Bei der Vorbereitung und in der nachgeburtlichen Schonzeit gibt es große kulturelle Unterschiede. Manche Frauen ziehen sich mit ihrem Baby 40 Tage lang zurück, in anderen Kulturen wurde das Erfordernis einer Schonzeit (Wochenbett) fast vergessen. In einigen Kulturen werden Neugeborene ständig am Körper gehalten, andere Kulturen transportieren ihre Kleinen in Trageschalen, Kinderwagen und Fahrradanhängern.
Wie ist die Geburtskultur bei uns?
Die Gesellschaft insgesamt erneuert sich durch die Kinder, die in ihrer Mitte geboren werden. Die Art und Weise, wie dies geschieht, verlangt nach Jahren unangefochtener Klinikgeburt Umdenken und Reformen. Sich für eine „bessere Geburtskultur“ einzusetzen, beinhaltet, die Bedürfnisse und Rechte von Eltern und Kindern zu achten. Zu gewährleisten ist eine wohnortnahe, sinnvolle Schwangerenvorsorge, gleichberechtigt von Hebamme und/ oder Ärztlnnen. Werdende Eltern möchten das Beste für ihr Kind. Sie sind vor einem offensiven Gesundheitsmarkt, der ihre Situation finanziell ausnutzt, durch Transparenz und bessere Aufklärung zu schützen. Ein eigenverantwortlicher Umgang mit den Angeboten eines liberalisierten Gesundheitsmarktes braucht einen festen Ort in unseren Bildungssystemen.
Die Einzigartigkeit jeder Schwangerschaft und Geburt verlangt Respekt gegenüber den individuellen Entwicklungsprozessen von Mutter und Kind: eine menschenwürdige, am Wohl der Mutter und ihrem Kind orientierte Grundversorgung, die freie Wahl des Geburtsortes und eine Eins-zu-eins-Begleitung durch eine Hebamme bei der Geburt. Frauen sind in ihrer Fähigkeit zu gebären zu stärken. Die naturgemäße Zusammenarbeit von Mutter und Kind im individuellen Zeitmaß ist zu achten und zu schützen. Familiennahe Dienstleistungen in der Wochenbett- und Stillzeit sind erforderlich, weil sich die Familien- und Arbeitsstrukturen in unserer Gesellschaft grundlegend verändert haben.
2015 gründete sich in Deutschland ein Netzwerk der Elterninitiativen für Geburtskultur. In einer gemeinsamen Erklärung finden Sie sechs Forderungen.
12/2022