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Individuelle Ge­sund­heits­lei­stun­gen – Ver­brau­cher­schutz 

Strengere Regelungen in Arztpraxen erforderlich

Die Bezeichnung „Individuelle Gesundheitsleistungen" ist irreführend.
Bei IGe-Leistungen handelt es sich um Tests und Untersuchungen sowie Angebote des Gesundheitsmarktes, die keine wissenschaftliche Wirksamkeitsprüfung durchlaufen haben und als Kassenleistung vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht anerkannt wurden.

gesundheitsmarkt igel bezahlen1Foto privat
IGe-Leistungen sind z.  B. Tests, die keinen therapeutischen Nutzen haben. Sie werden in den Arztpraxen beworben und empfohlen. Sie sind eine Einnahmequelle der Arztpraxis. Im Jahr rechnen die Krankenkassen mit 1,5  Milliarden Umsatz.

Die Risiken von Tests und Untersuchungen in der Schwangerschaft tragen ausschließlich die Eltern. Oft werden durch Wahrscheinlichkeitsergebnisse als „Nebenwirkung“ Ängste und Sorgen um die Gesundheit des Kindes ausgelöst. Folgeuntersuchungen sind dann kaum vermeidbar.

Definition eines wissenschaftlichen Mitarbeiters der AOK: „IGeL umfassen weiterhin Leistungen, über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen Zweifel bestehen oder die risikoreich sind. Hierzu zählen auch ungenügend erprobte Methoden, deren Risiken bislang gar nicht oder nicht gut untersucht und daher nicht kalkulierbar sind.“ (1)

Kritik besteht an der Vermischung von Heilberuf mit Verkaufsinteresse: Wie bringt ein Arzt diese beiden Erwerbszweige - hier Heilberuf, dort Verkaufsinteresse unter einen Hut? Eltern erwarten in aller Regel, es mit dem Arzt zu tun zu haben, nicht mit dem Verkäufer. Kaum zu glauben, dass dieser seinen Vertrauensvorschuss nutzen sollte, um irgendwelche Produkte des Gesundheitsmarktes, deren Nutzen nicht bewiesen ist, an den Mann und an die Frau zu bringen? Leider ist dies eben doch der Fall, sehr oft sogar.

Befragung bei Eltern durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (1):
24  % der Befragten wurde eine Ige-Leistung vom Arzt angeboten
Geschätztes Marktvolumen ca.  1,5  Milliarden.

Befragung von Patientlnnen durch das Wiss. Institut:
„Wird das Verhältnis zwischen Arzt und Patient durch das zusätzliche Angebot privater, individueller Gesundheitsleistungen verbessert oder verschlechtert?“
verschlechtert  74,5  %
weiß nicht          6,7  %
verbessert        18,8  %

Umfrage bei Ärzten: „Wenn Sie keine „IGeL“ anbieten – warum nicht?“ (Mehrfachnennungen)
Umfrage unter 440 Hausärzten, Kinderärzten und Gynäkologen:

Ich halte Angebote von IGe-Leistungen für unseriös 38,3  %
Quelle: Compugroup AG 2010

Der Bundesrat forderte 2012 für IGeL strengere gesetzliche Regelungen. Nach einer dpa-Meldung vom 1.6.12. heißt es: „Durch das Angebot von Zusatzleistungen wandelt sich das Arzt-Patienten-Verhältnis unter ungleichen Voraussetzungen.“ Patienten seien demnach oft nur ungenügend in der Lage, Qualität und Nutzen sowie damit einhergehend die Angemessenheit der Leistung sowie der entstehenden Kosten zu beurteilen.

Die Bundesregierung bestätigt laut derselben dpa-Meldung vom 1.8.12., dass aus Steuermitteln Verkaufsseminar-Trainings finanziert wurden (Gesundheitsministerium FDP). Aus welchem Steuermitteltopf das bezahlt wurde, ist der Meldung nicht zu entnehmen.

Nehmen Ärzte ihre Informationspflicht ernst?
In der Gebührenordnung für Ärzte heißt es:
„Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.“ (GOÄ,  §  1,  Abs.2)“ (1)

(1) Quelle: Klaus Zok (Wissenschaftliches Institut der AOK), öffentlicher Vortrag 25. Juni 2012 vor Ärztevertretern in Berlin

10/2022

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