„Kaisergeburt“ – nur nach medizinischer Indikation
Die „Kaisergeburt" ist eine Operation
Kaisergeburt nennt man eine besondere Form des Kaiserschnitts. Auch diese Operation ist nicht sanft. Es bleibt eine Operation. Somit ist die Bezeichnung „Geburt“ auch nicht ganz zutreffend. Wir informieren dennoch darüber, weil es bei der Durchführung des Kaiserschnitts große Unterschiede geben kann.
Grundsätzlich ist die Kaisergeburt nur nach medizinischer Indikation vorgesehen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass jeder Kaiserschnitt Risiken für die Mutter und das Kind birgt und darum nur im Notfall zu verantworten ist.
Doris Lenhard informiert
„Was ist bei einer Kaisergeburt anders als beim üblichen Kaiserschnitt?
Der Beginn dieser Operation läuft genauso ab wie bei einem normalen Kaiserschnitt. Die Mutter wird im OP für die Bauchoperation vorbereitet. Unterhalb der Brüste, die sie noch sehen kann, wird ein hohes grünes Tuch gespannt, so dass der Blick zum Bauch und dem Baby zunächst versperrt ist. Der OP ist sehr hell beleuchtet, damit Arzt oder Ärztin genau sehen können, wo sie mit dem Skalpell die Bauchdecke und die Gebärmutter öffnen.
Im Operationssaal ist es aus hygienischen Gründen um einige Grade kühler. Bei der Öffnung der Gebärmutter verändern sich für das Baby augenblicklich der Druck, die Temperatur und das Licht. Anders als beim üblichen Kaiserschnitt wird versucht, das auf die Welt kommen für das Baby und die Mutter so zu gestalten, dass Mütter diesen wichtigen Moment wenigstens mit ihren Augen verfolgen können. Auch das Baby soll als erstes in die Augen der Mama schauen können.
Nachdem der Bauch nun eröffnet ist, wird sofort die gleißende OP-Beleuchtung gedimmt. Das Baby kann seine Augen dadurch behutsamer an das helle Licht in der Welt gewöhnen. Bevor dem Baby von den ÄrztInnen geholfen wird, mit dem Kopf aus dem Bauch herauszukommen, wird der Bauch gesäubert und dann das Sichtschutz-Tuch gesenkt. Mutter und Vater können ihrem Kind nahe sein und bei seinem Geburtsprozess emotional unterstützen.
Mittlerweile stellen gut ausgestattete Geburtskliniken ein Bindungsband zur Verfügung. Dies ist ein elastischer breiter Bauchgürtel, in den die Mutter vor der Operation hineinschlüpft. Das Baby soll sich so schnell wie möglich auf dem mütterlichen Körper sicher fühlen. Auf ihrem Bauch geschützt kann es sich an die Außenwelt anpassen. Dazu wird das Baby, sobald es vollständig geboren ist, nackt unter dem Bindungsband der Mutter auf die Brust gelegt. (Der Selbstanbindungsreflex des Babys ist nach einem Kaiserschnitt nicht möglich.) (1)
Die Erfahrungen mit dem Bindungsband sind erfreulich. Die Universitätsklinik Essen schreibt, dass nachgewiesenermaßen dieses frühe Bonding zu einer verbesserten Anpassung des Kindes, zu einer besseren Atmung und zu einer intensiveren Mutter-Kind-Bindung führt.
Aus Bonn weiß ich zu berichten, dass eine Kaisergeburt mit dem Bindungsband nur auf Nachfrage gemacht wird. Darum ist ratsam, bei der Anmeldung zur Geburt zu erfragen, ob in dieser Klinik im Falle eines Kaiserschnitts aus medizinischen Gründen auch eine Kaisergeburt durchgeführt werden kann.
Doris Lenhard
Bindungs- und traumaorientierte Schwangerschafts- und Geburtsbegleitung in eigener Praxis.
(1) Warum das nicht möglich ist, wird in dem Beitrag Selbstanbindungsreflex erläutert.
11/2022