Wechsel im Quartal zwischen Arzt und Hebamme rechtmäßig
Schwangere Frauen können zwischen Ärzten und Hebamme im selben Quartal wechseln
Netzwerk Elterninitiativen machte Konflikt in Frauenarztpraxis öffentlich. Worum ging es? Ärzte wollen Frauen an die Arztpraxis binden. So können sie auch verschiedene Tests verkaufen, welche die Krankenkasse nicht bezahlt (Ige-Leistungen). Sie setzten Frauen oftmals unter Druck, diskriminierten teilweise die Hebammen oder ärgerten sich, wenn Frauen nur zum Ultraschallen in der Arztpraxis auftauchten, ansonsten aber die Vorsorge bei einer Hebamme machen wollen. Historische Altlasten der Konkurrenz zeigen sich immer wieder.
Vieles geschah unterschwellig, nicht offen, mit kleinen Anspielungen aber auch offenen Drohungen, je mehr die Hebammen von Frauen in Anspruch genommen wurden.
Solch ein Vorfall, gut dokumentiert, wurde GreenBirth von „Hebammen für Deutschland" übermittelt und an den Gesundheitsausschuss im Deutschen Bundestag gesendet. Die Partei Die LINKE stellte eine „Kleine Anfrage" an die Bundesregierung. Solche Anfragen müssen von der Regierung innerhalb einer bestimmten Frist beantwortet werden. Die Ruhr-Nachrichten machten diesen Hergang öffentlich.
Die Antwort der Bundesregierung auf die „Kleine Anfrage" enthielt die Passage (A7)der Mutterschaftsrichtlinien, die bis dahin gar nicht öffentlich bekannt war. Der fragliche Absatz enthielt einen Arztvorbehalt. Der besagte, dass ein Gynäkologe darüber entscheiden dürfe, ob eine Hebamme in die Vorsorge einer schwangeren Frau mit einbezogen werden dürfe oder nicht.
Ensprechend ist im Mutterpass von der „mitbetreuenden" Hebamme die Rede, als seien Hebammen eine nebensächliche Zugabe.
Tatsache aber ist, dass Hebammen laut Gesetz (unabhängig vom Arzt) eine schwangere Frau vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit begleiten können. Sie allein haben das Recht Geburten zu begleiten (Alleinstellungsmerkmal). Ärzte sind verpflichtet, eine Hebamme zur Geburt hinzuzuziehen, auch in der Klinik, auch bei einem Kaiserschnitt. Ärzten ist aber gesetzlich erlaubt, Vorsorge bei gesunden schwangeren Frauen anzubieten.
Hebammen sind verpflichtet, bei einer Unregelmäßigkeit in der Schwangerschaft einen Arzt in die Vorsorge mit einzubeziehen oder die Frau an den Arzt abzugeben. Damit sind die Zuständigkeiten zwischen Arzt und Hebammenkompetenzen klar geregelt.
Der jetzt gestrichene A7 verletzte nicht nur die Berufsrechte von Hebammen, er verstieß auch gegen das Recht einer schwangeren Frau, zu wählen, ob und wohin sie zur Vorsorge gehen möchte. Denn Vorsorge ist freiwillig. Das Grundgesetz regelt in Artikel 2,2 die Selbstverantwortung bezüglich der eigenen Gesundheit. Die Mutterschaftsrichtlinie ist weniger bedeutend als das Grundgesetz. Sie ist damit „untergesetzlich". Auch darum ist zu begrüßen, dass hier nun nach Jahrzehnten eine Klarstellung erfolgt ist.
03/2023
Grafik: Free_pixbay